Baal Shem Tov ( Chassidismus)

zwischen Magie und Mystik von Rachel Elior (als PDF)

Der Hassidismus, der Mitte des 18. Jahrhunderts in Südostpolen und der Ukraine
entstand, sich ab Ende des 18. Jahrhunderts in alle Gebiete Osteuropas ausbreitete
und heute in den jüdischen Gemeinden der ganzen Welt fortlebt, ist eine
facettenreiche und vielschichtige Bewegung, die ihre Aktivitäten seit 300 Jahren
unter den unterschiedlichsten Bedingungen entfaltet. So gibt es zwar keine
einheitliche Definition dessen, was den Hassidismus ausmacht, aber die
verschiedenen hassidischen Strömungen und Gruppierungen waren sich doch
immer in einem einig -nämlich in der Annahme, daß die Anfänge ihrer Bewegung
untrennbar mit der Person des R. Israel Ba’al Schem Tov (1700 – 1760) verbunden
sind, den alle einmütig als Begründer .des Hassidismus ansehen.
Nur wenig, was aus den verschiedensten Quellen über den Bescht bekannt ist, hält einer historisch-kritischen Überprüfung stand.

Aus den Zeugnissen seiner Anhänger und Schüler und aus Archivdokumenten wissen wir aber mit Sicherheit, daß er in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Südostpolen gelebt hat; in einem Gebiet, das wahlweise als Karpato-Rus, Podolien, Südwestgalizien oder
Westukraine bezeichnet wird. Weiter ist bekannt, daß seine Eltern noch während seiner Kindheit starben und daß er in den ersten Jahrzehnten seines Lebens ein
Außenseiterdasein führte. Ab Mitte der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts
bis zu seinem Tod war er van einer Gruppe von Anhängern umgeben, die ihn
verehrten und in ihm eine Quelle der Inspiration sahen; er wirkte als religiöser
Erneuerer, der die, welche ihn umgaben, entscheidend beeinflußte. Außerdem
erfahren wir aus den Quellen, daß er sich selbst als visionären Mystiker sah
andererseits aber auch ein Ba’al Schem, d.h. ein Magier und Heiler, war, der in
dieser Funktion Ruhm und Bewunderung erlangte.


Neuerdings kann belegt werden, daß er von Beginn der 40er Jahre bis zu seinem
Tod in Miedziborz (Mesibos) in Podolien gelebt hat, unter der Protektion der
örtlichen Gemeinde und auf ihre Rechnung.
Bedeutsam ist sicher auch die Tatsache, daß die jüdischen Gemeinden
Süldosteurops im allgemeinen und Podoliens und Galiziens im besonderen in der
ersten Halfte des 18. Jahrhunderts durch große religiöse und gesellschaftliche
Spannungen in Verbindung mit der sabbatanischen Bewegung und deren
radikalem Ableger, den Frankisten, geprägt war.

Auch der Bescht war, wie jeder, der in dieser Welt lebte, direkt oder indirekt von der Radikalität der Sabbatianer wie vom unerbittlichen Kampf der Gemeindeorganisationen gegen diese beeinflußt.

….Der Bescht wurde als charismatischer Mystiker gesehen, der in direkter Verbindung zu den himmlischen Welten stand, als Heiler mit Gottesnamen (und anderen traditionellen Mitteln), dessen magische Fähigkeiten ihn aber gleichzeitig auch zu einem Zauberer und Magier machten, als Kabbalist, der Zugang zu den Geheimnissen der kabbalistischen Tradition hatte, und schließlich als religiöser Erneuerer und Revolutionär, der einerseits positive Reaktionen und sogar Begeisterung provozierte, andererseits aber auch Angst,
Besorgnis, Kritik und Feindschaft.

…..

Die Lebensgeschichte des Beseht ist viele Male von dem Hassidismus
nahestehenden Autoren beschrieben worden. Diese populären Biographien
orientieren sieh an den üblichen Strickmustern hagiographischer Literatur; starke
Einflüsse der lurianischen Hagiographie sind ebenso erkennbar wie solche
traditioneller Biographien der Großen Israels. Solche Werke haben naturgemäß
nicht den Charakter einer kritischen Forschungsarbeit; auf die Frage nach dem
Besonderen in der Persönlichkeit des Beseht können sie keine Antworten liefern.
In der im Gefolge der jüdischen Aufklärung entstandenen Literatur ist die
außergewöhnliche Persönlichkeit des Beseht, seine Vielgesichtigkeit und seine
besondere Rolle in der Geschichte des Hassidismus aus einer feindseligen
Grundeinstellung heraus beschrieben worden, inspiriert vom Geist der
Aufklärungsbewegung, die sehr schnell ein negatives Urteil über den Beseht
gefällt hatte und demgemäß ein verzerrtes Bild von ihm verbreitete.

….Einen bedeutungsvollen Wendepunkt in der Bescht-Forschung insgesamt und auch
in der Bewertung und Verwertung der verschiedenen Quellen markiert Gerschom
Scholems Aufsatz „Die historische Gestalt des R. Israel Ba’al Schem Tov“.
Scholem unterscheidet zwischen den frühen und späteren hassidischen Quellen
einerseits und den unabhängigen Quellen andererseits, er diskutiert den Grad ihrer
Verläßlichkeit, ihren historiographischen Wert und die Möglichkeiten ihrer
wechselseitigen Verifizierung. Er weist auf die Existenz völlig unabhängiger
Quellen hin, die Material zum Leben und Wirken des Bescht enthalten, und zeigt,
wie diese als Basis für eine kritische Analyse der traditionellen Quellen verwendet werden können. Dabei stellt er fest, daß die hassidischen biographischen und
hagiographischen Traditionen, trotz aller methodologischen Schwierigkeiten, auch
Material enthalten, das auf historischen Realitäten basiert, und ihnen daher ein
außerordentliches historiographisches Potential zukommt.

Die Welt, in welcher der Bescht aufwuchs und wirkte, war das Südostpolen der
ersten Hälfte des 18.lahrhunderts; eine Welt, in der man sich den gesamten Raum als von furchterregenden Geistern und Kräften des Chaos erfüllt dachte. Diese
dämonenverseuchte Umwelt stand im Zeichen der okkultistischen Vorstellung,
daß Dämonen und Schädigergeister natürlicher Teil der die Weltordnung
ausmachenden Hierarchie von Wesen und Kräften sind, die allerdings den
Naturgesetzen nicht unterworfen sind, und daß alle Bereiche des Seienden ständig
durch Zaubermächte bedroht werden. In diesem Klima wurden böse Mächte, die
„Schalen“ and die „Andere Seite“, die Geister und Dämonen, als völlig reale
Wesen betrachtet, ja, als ein Grundelement der Welt – ihre reale Existenz war eine
allgemein akzeptierte Selbstverständlichkeit, die von niemandem in Zweifel
gezogen wurde. Diese Vorstellungen tragen noch den Stempel des
mittelalterlichen Weltbildes, nach dem die Welt übervoll von miteinander
verwobenen sichtbaren und unsichtbaren Wesen ist und die weltliche Existenz
nicht mehr als das Symbol einer jenseitigen Realität, ein sichtbares Bild für
eigentlich Unsichtbares. Dieses mittelalterliche Weltbild, nach dem die Existenz
des Menschen mit Körper und Geist, in Krankheit und im Alltagsleben, in Phasen
des Übergangs und in Zeiten der Gefahr, entscheidend van Dämonen und Geistern,
Zauberern und Hexen beeinflußt wurde, läßt sich deutlich aus den Schriften
zeitgenössischer Autoren wie aus Archivdokumenten herauslesen.

Tovia haKohen, ein Arzt, der Ende des 17. Jahrhunderts in Krakau aufwuchs und aus
eigener Anschauung viele Gemeinden kannte, drückt sich sehr deutlich aus: „Es
gibt auf der ganzen Welt kein Land, in dem der Glaube an Dämonen und Geister,
Beschwörungen und Träume so verbreitet ist wie in Polen. Ähnliches schreibt
im Jahr 1759 der polnische Schriftsteller St. Bontschweski, der ein Zeitgenosse
des Bescht war, über die Gegenden, in denen der Bescht lebte: „Nirgendwo auf der
Welt ist der Glaube an Zauber und Hexen so stark wie bei uns in Polen, vor allem
in den Bergen und in Rus, aber auch in Litauen, der Ukraine und der Walachei.,
Aus zeitgenössischen kirchlichen Dokumenten und Gerichtsakten geht hervor, daß
in diesen Gegenden um die Mitte des 18. Jahrhunderts zahlreiche Prozesse gegen Frauen und Männer – Juden wie Nichtjuden – stattfanden, die der Zauberei
beschuldigt worden waren. Die Welt wurde als bedrohlich und voller Gefahren
empfunden, weil man sie für von unsichtbaren chaotischen Kräften erfüllt hielt,
die das Leben der Menschen beeinflußten. Für diese Kräfte gab es im Hebräischen
eine Unzahl van Namen, wie Schalen, Urteile, Ankläger, Teufel, Spotter,
Schädiger, böse Engel, lillits oder Andere Seite. Man stellte sich vor, daß Hexer
und Hexen, aber auch Ba’ale Schem Macht über sie hatten. Dieses Bild einer
chaotischen Welt enthüllt Elemente des in diesen Gegenden allgemein verbreiteten
Dämonenglaubens ebenso wie der kabbalistischen Dämonologie, wie sie im Sohar
dargestellt wird, aber auch der Volksmagie, nach der es unter Umstanden
möglich sein kann, mit Hilfe dämonischer Kräfte natürliche wie übernatürliche
Erscheinungen zu beeinflussen oder zu beherrschen., Aus der zeitgenössischen
Literatur geht deutlich hervor, wie real diese Welt für die Menschen der Zeit – ob
Juden oder Nichtjuden – war, mit welch erstaunlich großer Begriffspalette die
verschiedenen Manifestationen der Dämonenwelt im Alltagsleben der Menschen
beschrieben wurden und wie entscheidend der Dämonenglaube ihre Wahrnehmung
der Realität prägte.

Dieses dämonisierte Weltbild, in dem jeder menschlichen
Erfahrung eine verborgene und furchterregende Bedeutung zugesprochen wird,
lässt sich beispielhaft an Zvi Hirsch Koidanovers Kav ha-jaschar ablesen, das 1705
erschien und im Verlauf des 18. Jahrhunderts zahllose Neuauflagen erfuhr, wie
auch an der Schrift Jesod Josef seines Lehrers Josef aus Dubno. Die zur
fraglichen Zeit so verbreiteten Erzählungen über Exorzismen illustrieren mit aller
Deutlichkeit die Vorstellung, da übernatürliche Wesen und verborgene Kräfte
von Menschen eingesetzt werden können, um anderen zu schaden, und daß man
Dämonen und Magie als verbreitete Ursachen für körperIich-materielle wie für
psychische Probleme ansah.

Von welch großer Bedeutung Dämonen und Magie in der .Welt des Bescht waren,
lässt das folgende Zitat erkennen: „Mensch, wenn du wüßtest, wie viele Dämonen
der Anderen Seite auf das Viertel des Blutes im Herzen des Menschen lauern. dann würdest du dich sicher mit Körper und Seele dem Heiligen, gesegnet sei er,
unterwerfen … Es ist ja bekannt, daß die Luft der Welt voll van der Anderen Seite
und sonstigen Anklägern ist, die aus den Sünden und den Freveln der Menschen
entstehen und in der Luft umherfliegen, wie es mehrfach im Sohar erwähnt wird,
und man muß daher befürchten, daß sich auf dem Weg zur Synagoge Dämonen an
einen heften … Man muB bedenken, was im Sohar steht, daß nämlich an der linken
Seite der Haustür die Andere Seite lauert, wie es heißt: ‚Und an der Tür liegt die
Sünde’“ (Gen 4, 7)

Neben den dämonischen Wesen der „Anderen Seite“ ist die
Welt auch noch van körperlosen Seelen erfüllt; die Quelle dieser Vorstellung ist
die lurianische Kabbala: „Wisse, daß die freien Raume der Welt mit menschlichen
Seelen erfüllt sind, die noch nicht zum Ort ihrer letzten Ruhe gelangen konnten,
wie ja auch die Schüler des Rav Ari, seligen Angedenkens, folgenden Ausspruch
ihres Lehrers bezeugten: ‚Wisst, daß die Luft der Welt und ihr gesamter Raum mit
verstoßenen Seelen erfüllt sind, die ihre Ruhe noch nicht erlangen konnten.“

Die Dämonologie des Sohar. und der lurianische Okkultismus hatten
entscheidenden Einfluß auf das Weltbild der Juden Osteuropas und verbanden sich
mit der allgemein verbreiteten Vorstellung, daß Magie und Dämonen eine große
Rolle im täglichen Leben der Menschen spielen. Die im Sohar getroffenen
Unterscheidungen zwischen Rein und Unrein und die damit verbundene Magie
wurden zu realen Kategorien: „Bedenke die Größe der Macht dieser Unreinheit:
1405 verschiedene Arten van Dämonen sitzen nämlich auf den Fingernageln, die
wahrend der unreinen Tage einer Frau wachsen … Die Hexen bewirken damit
einen Zauber, und für jede Hexe gilt es als besondere Auszeichnung, wenn sie ihre
Zauberei gerade während der Tage ihrer Unreinheit betreibt, denn ein solcher
Zauber wirkt besonders gut.,.

Die Realität des Alltags, die sowohl in der jüdischen Kultur (wie aus den oben
zitierten Werken ebenso wie aus vielen anderen hervorgeht) als auch in der
nichtjüdischen (man denke an die ukrainischen Hexenprozesse jener Zeit) von
diesen Begriffen geprägt war, mußte als angsteinflößend und unsicher, als ständige
Wachsamkeit erfordernd empfunden werden. Magische und dämonologische
Begriffe, deren Quellen der kabbalistische Dualismus des Sohar, der Okkultismus
der lurianischen Kabbala und das mittelalterliche Weltbild der Volkskultur waren,
nahmen einen sehr konkreten und unmittelbar bedrohlichen Charakter an, der im
kollektiven und individuellen Bewußsein Angst hervorrief. AIs Bollwerk gegen
diese willkürlichen verborgenen Mächte der natürlichen Umwelt, die auf jeden Aspekt des Lebens Einfluß nehmen konnten, und als Mittel gegen das Gefühl der
Ohnmacht gegenüber Zauberei und den zahllosen die Umwelt bevölkemden
übelwollenden Wesen, die das Schicksal des Menschen bestimmten, existierte ein
weit verzweigtes Netz magischer Schutztechniken, deren Basis die Annahme ist,
daß eine verborgene, feststehende und effektiv funktionierende metaphysische
Ordnung existiert, welche die Kräfte der Natur samt ihren chaotischen
Erscheinungsformen beherrscht. Diese Ordnung verkörpert sich in der doppelten
Struktur heiliger Namen und göttlicher Kräfte einerseits und van Himmeln, Engeln
und Engelsfürsten, welche bestimmten Namen zugeordnet sind, andererseits. Die
Aktivitäten der Ba’ale Schem im Zusammenhang mit diesem Netzwerk
himmlischer Kräfte basieren auf drei okkultistischen Grundannahmen, von denen
die Welt des magischen Denkens geprägt ist:
a. Es existiert eine Realität jenseits der natürlichen Welt und des mit Sinnen – ~
Erfaßbaren.
b. Der Mensch besitzt besondere Fähigkeiten, die mit der Sprache zusammenhängen und mittels derer er mit (dem verborgenen Teil der Reälitat in Beziehung
treten kann.
c. Die Welt der Körper und die Welt der Namen, oder, mit anderen Worten, die
Welt der offenbaren und die Welt der verborgenen Wesen, werden als Teil einer
einzigen Realität gesehen, die das Resultat einer einzigen Kausalitätskette ist.
Daher rührt der Glaube an die Macht van Namen und Worten und die Annahme,
daß jemand, der in der Lage ist, einen bestimmten Namen zu verwenden, Macht
über das Wesen hat, das diesen Namen tragt. Der magische Schutzwall aus Namen
und Amuletten, Mitteln und Kräutern, Beschwörungen und Drogen,
machttragenden Wörtern und volkstümlichen Medizinen basiert auf
hekhalotmystischen, magischen und praktisch-kabbalistischen Traditionen. Diese
beinhalten eine mystische hierarchische Kosmologie und den Glauben an die
Möglichkeit, mit Hilfe van heiligen Namen eine direkte Verbindung zu den
Kräften der oberen Welten herzustellen, und an den Einfluß, den diese Kräfte und
ihre Namen auf die Welt der Dämonen haben.

..

In der ersten Halfte des 18. Jahrhunderts, also in der Zeit, die den Bescht prägte,
wurden eine Unzahl van Büchern über Heil- und Wundermittel für jede
Lebenslage ebenso gedruckt wie Bücher über praktische Kabbala und Ba’al
Schem-Lehrbücher, deren Basis der Glaube an die Wirkmächtigkeit von Namen,
Amuletten, Beschwörungen und Wundermitteln jeder Art ist und an denen sich das
Weltbild der Autoren wie der Leser deutlich ablesen lässt.

Ba’ale Schem waren also Menschen, die um die Zwiegesichtigkeit der Realität, in der dämonische und himmlische, natürliche und übernatürliche Kräfte miteinander verschlungen sind, wußten, und über beide Bereiche Macht hatten. Sie waren Experten darin, mit
beiden Aspekten des Daseins durch Zauber und Magie auf der einen und heilige Namen auf der anderen Seite in Beziehung zu treten

Der Bescht sah sich selbst als einen Menschen, der sich in direkter Verbindung mit
den verborgenen Erscheinungsformen der Natur befindet und Macht hat sowohl
über die dämonischen Wesen, die den Menschen umgeben, als auch über die
göttlichen Kräfte, denen er unterworfen ist. Diese Beziehung, über die seine
Anhänger und Schüler im Detail berichten, drückte sich in der Fähigkeit aus,
Dinge im verborgenen Bereich der Realität zu sehen, in der Empfindung einer
unmittelbaren Verbindung zu den himmlischen Welten und großen Kenntnissen
auf dem Gebiet der heiligen Namen und ihrer Verwendung.

Ausgerechnet der Bescht, der in einer Umwelt wirkte, in der es als selbstverständlich galt, daß die Welt van Myriaden von Dämonen und Geistern, „Schädigern“ und „Anklägern“ erfüllt war, und der als Ba‘ al Schem Experte in den verschiedenen okkultistischen Vorstellungen über die Omnipräsenz der Mächte des Basen und ihren großen Einfluß war, stellte die
überkommene Auffassung auf den Kopf und entwickelte eine ganz neue Sicht der
Realität. Vielleicht tat er das, weil er mit der großen Angst der Menschen
konfrontiert wurde, die ihn mit der Bitte um Hilfe aufsuchten, vielleicht, weil er
am eigenen Leib Niedergeschlagenheit und Verwirrung erlebt hatte, wie die
hassidische Überlieferung andeutet, oder weil er grundsätzlich zum Bruch mit
althergebrachten Ansichten neigte, als Resultat seiner Beschäftigung mit der
praktischen Kabbala, vielleicht auch in Folge einer mystischen Offenbarung.
Jedenfalls stellte er die überkommene Vorstellung auf den Kopf, als er postulierte,
daß die Welt in Wahrheit keineswegs van Dämonen und Geistern, Teufeln und
Lilits erfüllt, sondern im Gegenteil ganz van der Gottheit durchdrungen sei und
daß der gesamte dämonische Bereich der Realitat eben nicht real ist und nicht
wirklich existiert, sondern nur im GIauben und in der Phantasie der Menschen.
Der Dualismus, welcher die Welt der Ba’ale Schem prägte, die sich einerseits mit
einem durch Magie beherrschbaren dämonischen Bereich der Existenz
beschäftigten, und andererseits mit einem verborgenen Bereich himmlischer
Kräfte, in dem mit heiligen Namen operiert werden konnte, wurde vom Bescht in
eine ganz andere Art van Dualismus verwandelt: Für ihn sind die zwei Aspekte
der Existenz die alles umfassende Gottheit einerseits, die in Wahrheit allein die
Realität darstellt, und ein Bereich des Daseins, der in Wahrheit jeder realen
Existenz beraubt ist und nur im Geist des Menschen existiert – und hierzu gehört
die Welt der „Schalen“ und bösen Mächte.

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( PDF Datei der : The Hebrew University of Jerusalem )

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